Manchmal wird vergessen, dass der Jahreskreis nichts
für Zartbesaitete war.
Er war ein Pakt mit der Natur – blutig unterschrieben,
Jahr für Jahr.
Dunkel. Bitter. Ehrlich.
Keine Zeit für Illusionen.
Es war die Zeit, in der man die Tür ein letztes Mal
schloss,
den Hof winterfest machte –
und mit ihm das eigene Herz.
Halbherzigkeit?
Wurde vom Winter gefressen.
Offene Rechnungen?
Hatten eine längere Halbwertszeit als man selbst.
Die Bauern und Bäuerinnen wussten:
Wer den Mist nicht vorher rausbringt,
lebt im eigenen Dreck, wenn der Frost kommt.
Also wurde abgeschlossen, versöhnt, repariert –
draußen wie drinnen.
Wer es verstand, ehrte das Alte nicht aus Kitsch,
sondern aus Respekt vor der gnadenlosen Wahrheit:
Nichts bleibt stehen. Alles wird geprüft.
Das Alte abschließen,
das Halbe vollenden,
das Zerbrochene verabschieden.
Nicht aus Angst, sondern aus tiefem Wissen:
Nur wer Platz schafft, kann Neues empfangen.
Die Tore der Welt standen halb offen.
Die Schatten tanzten leise auf den Feldern.
Und in den Häusern summten die alten Lieder:
Vom Loslassen.
Von Versöhnung.
Vom ehrlichen Abschied.
… wenn Hof und Herz still lagen
wie eine schneebedeckte Wiese,
kamen die Rauhnächte.
Die Zeit außerhalb der Zeit.
Hier webten die Seelen ihre Träume für das kommende Jahr,
spürten das Flüstern des Schicksals
und den Atem der alten Götter.
Die Rauhnächte:
Wild.
Leuchtend.
Atemlos schön.
Hier flüsterten die Träume.
Hier tanzten die Seelen.
Aber nur, wer seine Dämonen vorher angeblickt hatte,
konnte den Zauber hören.
Alles andere blieb Wunschdenken.
… wollte keine braven Beter.
Es wollte echte Menschen.
Mit Narben. Mit Herz. Mit Feuer.
🌙 Einkehr und Stille:
Inmitten der langen Nächte schenkt uns diese Zeit die
Gelegenheit, innezuhalten. Die letzten Spuren des alten Jahres
dürfen geordnet, verabschiedet und liebevoll abgeschlossen
werden.
🌙 Schutz und Reinigung:
Durch Rituale wie das Räuchern reinigen wir nicht nur unsere
Häuser, sondern auch unsere Herzen. Wir schaffen Raum für das
Wesentliche und schützen das, was uns heilig ist.
🌙 Loslassen und Ordnen:
Konflikte dürfen geklärt, Altlasten abgelegt werden. Wir
bereiten die Felder unserer Seele vor, damit sie zur rechten
Zeit neu erblühen können.
Die Sperrnächte erinnern uns daran:
Magie ist nichts, was vom Himmel fällt.
Sie wächst in der Erde, die wir bereiten.
Im Mut, Abschiede zu leben.
Im Mut, neu zu beginnen.